INTERNATIONAL POETRY NIGHT
„International Poetry Night“ – wenn man diese Wortfolge bei Google eingibt, dann stieß man bislang nur auf eine Veranstaltung in Hong Kong. Einigermaßen originell war unser international-literarischer Abend also in jedem Fall: Als Eintrittskarte sollte ein Lieblingsgedicht mitgebracht werden (egal in welcher Sprache) und konnte am Ende des Abends in der „Gedicht-Tombola“ gegen ein "neues Lieblingsgedicht" eingetauscht werden. Sowohl berühmte als auch selbstgeschriebene Gedichte und literarische Texte wurden in verschiedenen Sprachen vorgetragen (z.T. wurden englische Übersetzungen an das Publikum ausgeteilt). Insgesamt waren die Beiträge sehr verschieden: Es gab Autorenlesungen, Rezitationen, Performances und auch die studentischen Kurzvideos aus dem 'Videokunst'-Seminar wurden auf diesem Abend präsentiert.
Die Bühne eröffnete Letizia Rivera, Erasmus-Studentin aus Turin. „My poem is titled "Palcoscenico" (Stage), and it is about feelings and thoughts of an actor/actress when the play is about to start,” schrieb sie mir im Vorfeld. Mit „Stage“ und „to start“ lieferte sie zugleich auch die entscheidenden Stichworte, die kein Zweifel daran ließen, dass es dieses Gedicht war, dass unsere Show eröffnen musste.
Im Folgenden eine ganz kleine Auswahl aus dem weiteren Programm (jeweils mit Foto, von links): 1.) Die 'Erasmus Theatre Group' bot eine mehrsprachige Performance mit Texten in den Muttersprachen der Studierenden: auf Italienisch, Spanisch, Kroatisch und Albanisch. 2.) Nach dem Vorbild des karnevalesken Lehrertanz an Kölner Schulen waren auch die Dozierenden eingeladen, an der Poetry Night mitzuwirken: Prof. Karla Jensen von der Wesleyan University Lincoln Nebraska (USA), die sich gerade als Gastprofessorin in Eichstätt aufhielt, und Prof. Heiner Böttger von der Englisch-Didaktik trugen zusammen 'The road not taken' von Robert Frost vor. 3.) Julian Arnold hat den Abend nicht nur zusammen mit Rebecca Maurer moderiert (beide Studierende aus dem Videokunst-Seminar), sondern auch in den knapp zwei Stunden zwischen der Beendigung seiner letzten Semesterabschlussklausur und dem Beginn der Poetry Night mit seinem Auto-Anhänger diverses Equipment aus dem Umland sowie Einrichtungsutensilien und Möbel aus dem Elternhaus in unsere 'Musenstube' geschafft, um die inspirierende Atmosphäre zu befördern. Hier abgebildet vor dem elterlichen Perserteppich, ohne den es bei uns nur halb so gemütlich gewesen wäre! (Weitere Eindrücke vom Programm der Poetry Night unter 'Aktuelles'!)
Beendet wurde der Abend mit einer Publikumsballade. "Publikumsballade" meint ein Doppeltes: Das Gedicht wurde nicht nur vom Publikum ausgewählt, sondern auch in verteilten Rollen von ihm gelesen. Die Vorauswahl traf Friederike Kemmether:
"Hmm - ich denke da spontan immer an die Bürgschaft - oder Kraniche des Ibikus, Reich-Ranickis Lieblingsballade. Weiß aber nicht, inwieweit solcher Stoff die Studies noch vom Hocker reissen kann. Die Weber? Die weben und weben? Ich habe gerade nicht mehr im Kopf, ob sie wirklich so lang ist, wie sie mir vorkam - aber immerhin bringt sie doch einiges an Temperament mit und wir könnten die sozialrevolutionäre/-kritische Seele der Studentenschaft mal wieder etwas aufrütteln", schrieb sie mir am Vorabend der Poetry Night - und ergänzte am nächsten Morgen: "Ich persönlich finde aber längere Strophen etwas attraktiver; 'Die Brücke am Tay' z.B. mag ich sehr gerne ihrer Shakespeare-Anleihen wegen".
Und in der Tat: 'Die Brücke am Tay' von Theodor Fontane machte das Rennen und wurde zur "Publikumsballade" erkoren! Die beiden Schlussverse sprach das Publikum wie aus einem Munde: »Tand, Tand, / Ist das Gebilde von Menschenhand.«
Alle Fotos stammen von Giulia Arrezzi, Erasmus-Studentin aus Catania (Sizilien).
Das Verhältnis von Literatur und Videokunst ist in der deutschsprachigen Germanistik noch weitgehend eine Terra Incognita. Die 'Bibliographie der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft' liefert zum Stichwort "Videokunst" genau einen einzigen Treffer; die ersten Studien zu diesem Themenkomplex entstehen derzeit im Umkreis von Prof. Claudia Benthien in Hamburg, wo man zur 'Literarizität in der Medienkunst' forscht. Umso reizvoller erschien es uns, diese Terra Incognita im Rahmen eines Seminars zu erkunden.
Drei Leitfragen begleiteten uns durch die Streifzüge der Seminarsitzungen:
I.) Was ist Videokunst?
II.) Inwiefern wird [im jeweiligen Fallbeispiel] das besondere Potential des Mediums ausgeschöpft?
III.) In welcher Form finden Literatur oder literarische Elemente Eingang in die Videokunst?
Im Gang durch die in den 1960er Jahren beginnende Geschichte der Videokunst konnten wir die verschiedensten Antworten formulieren. Um für die zentrale dritte Frage (III.) drei Antwortbeispiele aus der frühen Videokunst zu bieten: 1.) Die 'Filmmontagen' (1965) des Künstlers Peter Roehr folgen, wie sein gesamtes Oeuvre, dem Prinzip der seriellen Formation, das heißt: Ausschnitte aus bereits vorhandenem (Film-)Material werden unverändert wiederholt. Auf diese Weise entsteht im Falle des Videos nicht nur eine audiovisuelle Bewegungsarchitektur, sondern auch eine akustische Wortarchitektur, die an die Gedichte Ernst Jandls erinnert: Denn die Wiederholung, nicht nur ein Gestaltungsmittel der Bildenden Kunst, sondern bekanntlich auch ein populäres Stilmittel der Rhetorik, generiert geformte Sprache. - 2.) Das Fernsehstück 'He Joe' (1965/66) von Samuel Beckett könnte man im ersten Impuls als gefilmtes Theaterstück bezeichnen - und doch ist es mehr als das, denn es schöpft durch die Kameraeinstellungen zugleich die Möglichkeiten des Films aus. - 3.) Die Performance 'Filz TV' (1970) von Joseph Beuys lässt sich mit dem Instrumentarium der Literaturwissenschaft analysieren. Die germanistische Literaturwissenschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten zur Kulturwissenschaft geweitet, was bedeutet, dass sie ihren Blick auch auf außerliterarische Gegenstände richtet; in diesem Zuge konstituierten sich auch die 'Performance Studies' als germanistisches Forschungsfeld. Anhand von Beuys' Performance 'Filz TV' lässt sich konkret erproben, wie das Analyseinstrumentarium der einen Disziplin auf die andere angewandt werden kann (das betrifft v.a. die im Video verwendeten bildlichen Gestaltungsmittel (Motive, Symbole etc.) ).
Um unser Seminarprogramm bis in die jüngste Gegenwart hinein fortzusetzen, absolvierten wir unsere letzten Sitzungen auf einer Exkursion nach Berlin, wo wir u.a. die 'Transmediale' besuchten, ein Festival für Medienkunst und digitale Kultur, das von der Kulturstiftung des Bundes als "Leuchtturm der Gegenwartskultur" gefördert wird. Durch die medientechnologischen Entwicklungen der letzten 20 Jahre geht die zeitgenössische Videokunst in der Medienkunst auf. Was das bedeutet, konnten wir in Berlin erfahren: Von einem "Sirenenkonzert", welches das Leben in der zeitgenössischen Großstadt wiedergeben sollte, bis hin zu digital archivierten Experimenten mit Rattenherzen und Spermien, deren Kunstcharakter aufgrund ihrer ästhetischen Qualität zur Disposition stand (und kontrovers diskutiert wurde). Ein Höhepunkt war die abendliche Hauptperformance "Still be here", die in Kooperation mit dem CTM-Festival für experimentelle und elektronische Musik realisiert wurde, und die Kreation einer modernen 'Kunstfigur' als multifunktionale Projektionsfläche zeigte.
Während die für uns zentrale dritte Leitfrage der Seminarsitzungen lautete: "Auf welche Weise finden Literatur oder literarische Elemente Eingang in die Videokunst?" (s.o.), lautete die Leitfrage für die studentische Gruppenarbeit: "Auf welche Weise möchten Sie Literatur und/oder poetische Sprache medial aufbereiten und audiovisuell künstlerisch inszenieren?" - Die Studierenden gaben drei verschiedene Antworten: 1.) Die Mitglieder des "Künstlerkollektiv Inferno" verfilmten ihr eigenes Leben als Studierende der Literaturwissenschaft, unterlegten dies mit einem Rap der Eichstätter Studierenden-Band "Manki Mukke" und übersetzten rhetorische Figuren in audiovisuelle Gestaltungselemente, darunter die Wiederholung oder den Parallelismus. - Eine 'klassische' Definition von 'Videokunst' lautet: Es sind "Kunstwerke, die bewusst für den Fernsehbildschirm konzipiert wurden und nur dort ihren visuellen Sinn entfalten" (Wulf Herzogenrath). Diese, auf die Videokunst der 1960er bis 1980er Jahre bezogene Definition, berücksichtigte das "Künstlerkollektiv Inferno", indem es die Darstellung durch ein Fernsehgerät 'einrahmte' (siehe Abbildung). Dass es sich bei der Videokunst um eine im hohen Maße selbstreflexive Gattung handelt, brachten sie dadurch zum Ausdruck, dass sie das Video durch einen Nachrichtensprecher an- und abmoderierten. - 2.) Die Mitglieder eines anderen Videokunstteams verfilmten ein Gedicht von Heine und zeigten zugleich entscheidende Inspirationsmomente auf, indem sie diese Aufgabe auf ihre Teilnahme an dem Videokunstseminar und der Berlin-Exkursion hin transparent machten. - 3.) Ein drittes Video reflektiert die praktische Abhängigkeit der Kunst, insbesondere der Literatur, von der materiellen Technik, dekonstruiert in diesem Zuge die literarische Gattung der Idylle und überführt sie in eine neue Form: die "Technikidylle", so der Titel des Kurzvideos.
Die Präsentation der studentischen Kurzvideos fand in der letzten Woche des Sommersemesters 2016 im Rahmen einer "International Poetry Night" an der Uni Eichstätt statt.
ZWISCHEN WORTSPIEL UND
KLANGKUNST
(Link zur Webpräsenz der Hörspielteams auf der Homepage der KU)
Hörspielseminar mit Projektanteilen und Wettbewerbsteilnahme
Dieses Seminar sollte nicht nur literaturgeschichtliche und -theoretische Wissensvermittlung bieten, sondern den Studierenden auch die Möglichkeit eröffnen, eigene Ideen zu entwickeln und selbst künstlerisch umzusetzen. Deswegen bestand die Abschlussarbeit darin, in Kleingruppen eigene Hörspiele zu schreiben und zu produzieren.
In den Seminarsitzungen sind wir durch die Geschichte des Hörspiels geschritten und haben dabei die unterschiedlichsten Ausprägungen kennengelernt, die auch den Studierenden Anregungen für ihre eigenen Produktionen bieten sollten: von den akustisch puristischen Hörspielen der Trümmerliteratur (in Wolfgang Borcherts 'Draußen vor der Tür' werden bloß eine handvoll akustische Mittel eingesetzt, der Rest ist Sprache) über Stücke aus den sogenannten 'literarischen Blütezeiten' des Hörspiels (wir haben Günter Eich und Ingeborg Bachmann gehört) bis hin zu den verschiedensten Formen des Pop-, Rock- und des experimentellen Hörspiels.
Dem Jazz-Hörspiel 'Die sehr merkwürdigen Jazzabenteuer des Herrn Lehmann' haben wir uns vor allem mit produktionsästhetischem Interesse zugewendet. Der umstrittene Horst Giese hatte es nicht nur selbst geschrieben, sondern auch sämtliche Rollen selbst gesprochen und das Stück vermittels einer veralteten technischen Ausstattung in den späten 1970ern in seinem heimischen Keller selbst produziert. In der DDR durfte das Stück nicht gesendet werden und zehn Jahre später, nach der Wende, schlug es bei der Nominierung für den renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden trotzdem die technisch höherwertigen Produktionen aus dem Rennen. Die zeitgeschichtlichen politischen Verstrickungen haben wir nur am Rande diskutiert; vor allem sollte das Stück den Studierenden zeigen, was alles möglich ist und was man alles machen kann: auch alleine und auch unter mittelmäßigen Bedingungen.
Gegen Semesterende hatten wir einen Gast aus der Hörspielpraxis eingeladen, um mit uns über die konkrete
Hörspielproduktion zu diskutieren; und zwar den unvergleichlich erfolgreichen Hörspielmacher Dr. Andreas Ammer. Man darf ihn "unvergleichlich erfolgreich" nennen, denn
Ammer ist der erste Hörspielmacher, der die wichtigste Auszeichnung für deutschsprachige Hörspiele, den Hörspielpreis der
Kriegsblinden, gleich zwei Mal verliehen bekommen hat. Als Tipp für die eigene Produktion gab er an die Studierenden weiter: 'Einfach machen!' Er selbst habe seine ersten Stücke produziert
(und prompt Preise gewonnen) ohne eigentlich überhaupt eine Ahnung vom Hörspielmachen gehabt zu haben - genau diese Unbefangenheit habe es ihm erlaubt, eine neue Richtung einzuschlagen.
Für die Produktion der Hörspiele konnten wir das Hörfunkstudio der Eichstätter Journalistik nutzen, in das wir zuvor von einem technischen Mitarbeiter ausführlich eingewiesen wurden.
Die Bewertung der Hörspiele wurde auf der Grundlage von Bewertungsbögen vollzogen, welche die Studierenden selbst im Vorfeld erstellt hatten. Eine ihrer Hausaufgaben zu Semesterbeginn war es nämlich gewesen, 3-5 Kriterien zu formulieren, an denen ihre Hörspiele gemessen werden sollen.
Der Präsentationsabend fand Ende Mai 2015 in Eichstätt als "Hörspiel Open Air" statt (siehe die Fotos unter 'Aktuelles'); bei dieser Gelegenheit konnten die Studierenden ihre Hörspiele auch mit einem interessierten Publikum besprechen.
Alle drei Hörspielgruppen nahmen außerdem am Wettbewerb des Leipziger Hörspielsommers 2015 teil.
(Link zu
den studentischen Arbeiten auf der Homepage der KU)
Praxisseminar mit Exkursion in Kooperation mit der Klassik Stiftung Weimar
Dieses Seminar zielte auf Kulturvermittlung in mehrfacher Hinsicht: Zum einen sollten die Studierenden im Rahmen einer Weimar-Exkursion die Möglichkeit bekommen, Kulturgeschichte mit allen Sinnen am historischen Ort zu erleben. Zum anderen sollten sie sich, ihre Berufsmöglichkeiten als angehende Germanisten kennen lernend, auch selbst in praktischer Kulturvermittlung üben. So hat die 'mündliche Prüfungsleistung' der Seminarteilnehmer darin bestanden, vor Ort kleine Führungen und Objektpräsentationen zu übernehmen. Die studentischen Präsentationen wurden von professionellen Führungen durch Mitarbeiter der Klassik Stiftung Weimar flankiert und zum Zweck der Berufsorientierung konnten wir an einem Nachmittag Mitarbeiter und Volontäre aus den verschiedenen Abteilungen der Klassik Stiftung über ihre Ausbildungswege und beruflichen Aufgaben ausfragen (vertreten waren u. a. die Abteilungen Forschung und Bildung, Goethe-Nationalmuseum, Museumspädagogik und Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek).
Auch der 'schriftlichen Prüfungsleistung' haben wir projektartigen Charakter verliehen und eine Auswahl von studentischen Arbeiten auf einer gemeinsamen Webseite versammelt. - Sie finden unsere Weimar-Webseite, wenn Sie dem obigen Link folgen. Und auf jener Webseite angekommen: Bitte versäumen Sie es nicht, die dortigen Links anzuklicken! (Erst den Haupttext um ca. ein Drittel runter scrollen, dann finden Sie die Links in den Text eingebettet und zwar blau hervorgehoben und unterstrichen.) Diese Links sind das Wichtigste an der Webseite, denn hinter ihnen verbergen sich die sehr liebevoll gestalteten studentischen Arbeiten (Beispiel: Das Treppenhaus in Goethes Wohnhaus) und die studentischen Autorenportraits (Beispiel: Autorin Hannah Schell).